Über die 800 km
...von Fritschi, Dienstag, 14.5. bis Donnerstag,16.5.2013:
Rückseitenwetter mit vielversprechender Thermik am Dienstag, 14.5., am Mittwoch 15.5. und Donnerstag 16.5. Südföhn, am Mi auch für die Clubklasse nutzbare Wind-Bedingungen, am Do bereits stürmischer Südföhn.
Am Dienstag Früh nochmals ein Aviso von Fritschi, die S-Föhn-Bedingungen passen bereits für Mittwoch. Ich hatte mir offen gehalten, entweder den Mittwoch oder den Donnerstag zu nutzen und entscheide mich jetzt für den Mittwoch.
Am Dienstagabend verrät ein Blick in die Tageswertung, dass aus dem Osten thermisch bis in die Tuxer geflogen wurde. Die Wetterprognose hinsichtlich Föhn ist teilweise widersprüchlich: einerseits soll der S-Föhn bereits in der Früh bis in die Täler durchgreifen, andererseits soll der S-Föhn erst im Laufe des Vormittags nutzbare Hangwinde bringen. Der Wind soll im Mürztal aus 220° mit 15-20KT kommen, die Windrichtung liegt also fern dem Ideal 180° ±20°.
Nach Rücksprache mit meinen Vorgesetzten im Büro bekomme ich problemlos Zeitausgleich. Ich telefoniere mit Hans Haberhofer, er mag uns morgen F-schleppen. Sigrid P. kann die Betreuung für meinen Sohn Fabian (5) übernehmen, er darf auch über Nacht bleiben. So hab ich morgen Zeit fürs Hobby.
Wir sind zu fünft, Herbert "Fritschi" Friedrich mit Discus bT, D-KIMU (MU), Stefan Melnitzky mit Ventus 2c, D-KPSW (SW), unser immer hilfsbereiter Manfred Hödl, der unseren Platz in Golfplatzqualität gebracht hat, Schlepppilot Hans Haberhofer, der sich (neben anderen!) spontan immer wieder bereit erklärt, uns Segelflieger in die Luft zu bringen, und ich mit unserem Vereinsflieger DG-300, OE-5516 (YZ). Fritschi und ich haben Föhn-Ambitionen und planen lange F-Schlepps bis etwa Gasen um durch langen Gleitflug zur Veitsch Anschluss zu bekommen; Stefan mag Thermik lieber und er möchte erst später starten und eine gute Entwicklung abwarten.
Hans hilft mir noch mit Tinos Lösung für die Oudie-Schwanenhalsbefestigung, um kurz nach neun sind die Flugzeuge aufgerüstet und fertig vorbereitet. Wir rätseln über die Windbedingungen, ein Check der Wetterstation Rax-Bergstation via Internet mit den Messwerten von 8:00 Uhr (lok.) zeigt Wind aus Süd mit 10km/h, Spitzen bis 45km/h. Werden wir auf der Veitsch überhaupt Wind haben? Fritsch mag mein Windtaumel sein und als erster starten, wenn danach ich am Seil hänge, wird er bereits auf der Veitsch angekommen sein und mir die Bedingungen per Funk durchgeben.
Die Unsicherheit spiegelt sich in den Startzeiten wider, Fritsch startet um ca. 9:15 Uhr (lok.), ich eine halbe Stunde nach ihm.
Ist dem Spornrad unseres Motorseglers die Luft ausgegangen, oder ist gerade kein Traktor-Fahrer in der Nähe, benötigst du vielleicht eine Starthilfe: Manfred ist zur Stelle, völlig selbstlos und in seiner liebenswürdigen, unaufdringlich, ja bescheidenen Art, einfach, weil ihm die Fliegerei gefällt. Dabei bin ich nicht sicher, ob er überhaupt selbst gerne in der Luft ist, wenigstens als Fluggast. Ein schlichtes Danke, und ich habe das Gefühl, das genügt ihm völlig! Was täten wir nur ohne ihn? Danke Manfred, wir wissen, was wir an dir haben!
Fritsch meldet sich von der Veitsch: Wind aus 220° mit 30km/h. Ich klinke querab Gasen in etwa 2500mNN und komme in 1800mNN in komfortabler Höhe an.
Nördlich Gasen in etwa 2400mNN, Blick nach Westen und …
… nach Osten und …
… zur Veitsch
Fritschi wartet auf mich, ich fliege den Grat entlang und steige unausgesetzt. Die Runsen erzeugen Düseneffekte und die Steigwerte sind recht ordentlich. Ich habe sofort Vertrauen in die Hangwindbedingungen, die Wiener Neustädter Kollegen sind/waren auch schon hier und wir rasten ihre Frequenz.
Fritsch und ich fliegen gemeinsam von der Veitsch in etwa 2200mNN ab, es geht Richtung Seebergsattel.
Was ich zu dem Zeitpunkt nicht ahne, Fritschi hat Zweifel wegen der Windrichtung und erwägt zu diesem Zeitpunkt
ernsthaft, wieder heimzufliegen. Am Seeberg angekommen quere ich zur Aflenzer Staritzen, die bei diesem Wind normalerweise verlässlich geht, das zeigen die Erfahrungen und die Flugaufzeichnungen der Föhn-Spezialisten bei vergleichbaren Bedingungen. Ich komme unter Grat an und habe am Grat sofort wieder Steigen, allerdings leicht bis mäßig turbulent. Fritschi ist nicht gefolgt und erkundigt sich, wie es mir geht. Ich kann durchgeben, dass ich laminares Steigen erwischt habe und wo der Einstieg war. Ich komme auf 2500mNN und taste mich Richtung Hochschwab-Gipfel. Ich verliere nicht viel Höhe, vielleicht 100 oder 150 Meter. Zum ersten Mal folge ich der Klassischen Südföhnspur entlang des Nordrandes der Sonnschienalm, über Ebenstein, Brandstein und Kaltmauer, 200m hat mich dieses Gleitstück gekostet. Ich gebe meine Position an Fritschi durch und wir verabreden, uns hier zu treffen. Zwischen durch lässt der Wind nach, sofort ist das Steigen weg.
Fritschi bleibt tiefer, wir fliegen hinaus bis ins Tal und ändern den Kurs Richtung Tamischbachturm. Wir folgen einer unsichtbaren, tragenden Linie, die Ostseite des Tamischbachturms liegt wind ab, erst ums Eck Richtung Westen haben wir wieder Steigen, der Wind ist hier schwach, reicht aber in vielen Achten zum Höhengewinn bis in Gipfelhöhe. Überm Buchstein passen die Steigwerte und der Flug entlang der Wand macht Spaß.
Mit MU am Buchstein vorm Abflug zu den Haller Mauern
Über dem Admonter Haus erreichen wir die Haller Mauern etwas unter Grat. Doch der Wind steht wieder gut zum Fels, nach kreislosem Höhengewinn geht es unter schwächer werdendem Wind über den Bosruck zu den Weissenbacher Wänden. Wir sind wieder unter Grat, der Wind reicht kaum mehr zum Soaren - eine unangenehme und zeitraubende Tatsache. Mühsam kommen wir wieder über den Gipfel und fliegen vorsichtig weiter, nehmen jedes Steigen mit.
Über Pürgg schwenkt Fritschi ein wenig nach NW und kreist ein. Ich folge ihm, er hat laminares Steigen gefunden. Mit wundervollen 2,5m/s geht es in völlig ruhiger Strömung 1500m aufwärts und die kühle Luft tut gut. Mit 3300mNN Höhe sollten wir erst wieder am Dachstein Aufwind benötigen. Fritschi fliegt weiter südlich zur Enns hin versetzt, ich dagegen orientiere mich einer gedachten Linie über den Graten von Grimming, Kammspitz und Stoderzinken. Dabei ändere ich leicht die Richtung, wenn das Sinken zunimmt und suche so meine Spur. Über den Tauern formen sich hoch über den Kämmen wellenartige Wolken, nach Westen sind ebenfalls flache Lenti-artige Wolken zu erkennen, einen Stock tiefer haben sich schöne Thermikwolken gebildet, die ausfransen.
Mit erneutem Höhengewinn am Dachstein und der Gewissheit, dass die Luft voller Energie steckt, fliegen wir ab. Ein guter Bart, wenn auch zerrissen, findet sich südlich der LOD beim Tennengebirge. Fritschi folgt, als ich in etwa 2800mNN in Richtung Hochkönig abfliege. Dort hebt es nahezu unausgesetzt bis zum Breithorn bei Saalfelden, dabei hat mich Fritschi überholt.
Über dem Hochkönig der Kante entlang nach Westen
Wir fliegen übers Birnhorn, wo wir Höhe für den Anflug auf den Wilden Kaiser tanken. Das Segelflug gebiet Kaisergebirge ist geöffnet und erlaubt Flughöhen bis 12500FT ohne Freigabe. Am Kaiser komme ich in 2300mNN an und der Segler vibriert beim Einflug in den Hangaufwind.
Auf 126,025 MHz empfange ich ATIS INNSBRUCK, INFORMATION X-RAY, FÖHN-CONDITION, GLIDER-AREA BRAVO IS ACTIVE, QNH 1003. Mit gut 3000mNN gehen wir nun das Inntal an. Uns ist klar, dass der Wind das Inntal hinab kanalisiert ist, uns damit auf der Nase steht und wir bis zum Rofan kaum Steigen zu erwarten haben. Die ca. 50 km werden lang und wir nutzen jede Möglichkeit zum Höhengewinn. Das kostet Zeit, wir wollen aber die erforderliche Höhe bis zum Stanserjoch ersteigen, falls der Rofan von unter heraus nicht genügend Steigen bringt. Ich komme zuerst am Rofan an und kann mich in turbulenter Luft mit Respektabstand über den Gipfel hocharbeiten, Fritschi folgt dicht auf.
Am Rofan im Inntal rückt der Achensee ins Blickfeld
Blick nach Norden zwischen Karwendel und Nordkette
Ankunft Nordkette, hier geht die Post ab!
Patscherkofel am Wipptal-Eingang und Innsbruck von der Nordkette aus
Am Hafelekar
Entlang der Nordkette geht die Post ab, steigen bis 6.2m/s machen einfach Spaß, Kreisen bringt jetzt nur Zeitverlust, es geht im Geradeaus. Vorm Reitherspitz melden wir uns zur Querung Richtung Mieminger an. "5516, melden Sie Hohe Munde", was ich wenig später in 8000FT erledige.
Ankunft Hohe Munde
Blick vom Mieminger Gebirge das Inntal hinauf, markant der Tschirgant
in Talmitte
Am Wanneck blicke ich Richtung Thaneller (im Hintergrund) und Richtung
Reutte
Wir haben gerade Nassereith passiert, Blick zur Heiterwand
"Sie können die Frequenz verlassen, wiederschauen.", indes Steigen wir entlang der Mieminger. Und es wird dunkler, das Inntal hinauf liegt ab etwa Nassereith gänzlich im Schatten. Wie das Alptherm für dieses Gebiet vorhersagte, schieben sich dichte Wolken durch, der Wind nimmt zusehends ab. Über Nassereith geht’s noch bis zum Muttekopf, an dessen SW-Flanke wir uns zwar halten aber nur noch mühevoll Steigen können. So beschließen wir hier zu wenden.
Vom Muttekopf
Blick nach Imst
Hangfliegen am Grat zwischen Muttekopf und Muttekopfhütte
Von der Mieminger Kette Blick über den Innknick in die Stubaier Alpen
Zurück werden die Bedingungen wieder besser, die Mieminger heben uns auf 10200FT, damit ist die Querung zur Reitherspitze völlig mühelos zu bewältigen.
Abflug Hohe Munde zur Nordkette, über Seefeld zum Reitherspitz
Anflug Reitherspitz, passing November 2 (Seefeld) in 2 Minutes
"OE-5516, Reitherspitze 9500 FT". "5516, bleiben Sie im Segelfluggebiet, Sie können die Frequenz verlassen, wiederschauen." Ich bedanke mich fürs freundliche Service und fliege entlang der Grate der Nordkette. Ein Bart bei Hall bringt die Höhe für den langen Gleitflug bis Kufstein nördlich, entlang des Inn und zum Wilden Kaiser. Bei 130km/h Indicated Airspeed lese ich am Oudie ein Geschwindigkeit über Grund von 180km/h ab.
Inntalquerung südlich Kufstein zum Wilden Kaiser
Blick nach Kufstein am Zahmen und Wilden Kaiser
Kurz vor Kufstein in 2300mNN quere ich das Inntal zum Kaiser und nehme einen 3m/s-Bart in Talmitte nur im leichten Hochziehen mit, ich komme in 2000mNN an. Ich steige den Grat entlang Richtung Osten unausgesetzt und warte auf das stärkste Steigen. Ich nehme den 5-metrigen Bart in engen Spiralen und verlasse den Aufwind als er schwächer wird.
Am Kaiser-Ostende treffe ich Fritschi wieder, der zuvor bereits 10 - 15 km voraus war. Hier noch einige Kreise vor dem Sprung zu den Loferer Steinbergen, dessen Thermikwolken die Muskeln spielen lassen. Weiter geht’s übers Birnhorn hinüber zum Steinernen Meer, dessen Wolke im westlichen Teil bereits eine Ausdehnung etwa von Saalfelden bis Maria Alm hat. Entlang des Grates finden sich schließlich die besten Steigkerne. Am Hochkönig wiederholen sich die Geschenke in Form von windunterstützter Thermik. Aus 3200mNN geht es südlich entlang der LOD 23 hinüber zur Bischofsmütze, zwei Bärte dazwischen sind mir zu schwach und es bleibt bei wenigen Testkreisen. Den Dachstein erreiche ich so in 2400mNN. Die Wände tragen herrlich, über der östlichen Ramsau bin ich schon in 2700mNN - ohne einen einzigen Kreis! Und weil so schön war fliege ich die Dachstein-Kanten nochmals ab.
Blick über den Mitterspitz (Dachstein) nach Westen
Schmelzwasser nässt die Dachsteinsüdwand
Hoher Dachstein
3150mNN sollten kreislos bis zum Grimming und weiter reichen. Nun nimmt der Wind wieder zu, und es beginnt unglaublich zu tragen. Ich gleite mühelos entlang der Linie Stoderzinken, Kammspitze, Grimming, bleibe bei Aigen über den niedrigen Vorbergen und bin bei Liezen immer noch in 2800mNN, alles im geradeaus. Die Haller Mauern locken mit einer unwiderstehlichen Wolkenbank, der schnelle Flug dorthin kostet wenige hundert Meter, über dem Admonter Haus bin ich zurück in 2700mNN.
Vor Liezen Blick zu den Haller Mauern aus 2800mNN
Fritschi ist voraus um bestätigt eine gute Windrichtung und -stärke. Am Westende des Buchstein nutze ich erneut gutes Steigen - es soll bis zum Hochschwab reichen.
So geht es in turbulenter werdender Luft über den Buchstein zum Tamischbachturm. Hier steht zerrissene Thermik und aus Respekt vor dem Gesäuse mach ich lieber hier mit einer LS3 noch ein paar Höhenmeter dazu.
Fritschi gibt eine tragende Linie südlich Hieflau nahe des Erzbachs durch. Der Höhenverlust bis zum Hochblaser ist nicht gravierend, die tragende Linie habe ich aber nicht gefunden. Beim Hochblaser fliege ich eine schlechte Abkürzung, sie kostet in seinem Lee Flughöhe. Der weitere Flugweg über Kaltmauer, Brandstein, Ebenstein und Hochschwab ist vorgegeben und im Bereich der Sonnschienalm nimmt die Turbulenz jetzt zu, der Knüppel bleibt vorn. Ernst Schicker (DE) und Co kommen mir entlang derselben Spur entgegen, sie sind bereits auf einem neuen Schenkel mit Kurs Richtung Westen unterwegs. Fritschi empfiehlt einen Bart am Rauchkar kurz vorm Hochschwab Gipfel, der Windversatz ist beeindruckend. In 2400mNN fliege ich südlich am Gipfel vorbei zur Aflenzer Staritzen und über den Seeberg weiter zur Veitsch, die Turbulenz nimmt nun wieder ab. Ich habe noch Lust zum Fliegen, und so suche ich eine tragende Linie zur Schneealpe, was recht gut gelingt. Von hier springt der Segler zur Heukuppe hinüber in gutes Steigen, die Basis liegt hier in 2150mNN. Entlang der Kanten der Rax rufe ich Fritschi, der gerade über Ternitz gewendet hat. Als wir uns am Gahns querab Reichenau/Rax begegnen, wende ich und fliege mit ihm gemeinsam bis etwa zum Oisching bei Turnau nach Westen zurück. Es ginge noch gut, doch wir entschließen uns bei der Veitsch, heim zu fliegen.
Fritschi will mir heute zeigen, dass, seiner Erfahrung nach, auch bei einem Süd mit etwa 30km/h ein Heimkommen über die Stanglalm und Schanz möglich ist. Fritschi setzt sich vor mich und wir tasten uns den Veitschgraben nach Süden ins Mürztal. Jedes Steigen wird mitgenommen, viele Testkreise bringen wenige aber wertvolle Höhenmeter.
Wir queren in tragender Linie das Mürztal, ehe uns der Sprung über die Leeseite der Stanglalm zur Südflanke 400m kostet. In 1400mNN beginnen wir uns der Kammlinie entlang zu tasten und mit Vario-Ausschlägen bis 1,5m/s erfühlen wir in flachem Kreis wo es hebt. So hanteln wir uns zur Schanz und auf 1750mNN. Mein Oudie zeigt mir 110m über Gleitpfad und Fritschi meint, es müsste nach Weiz gut klappen.
Bis Birkfeld bleibt die Reserve über Gleitpfad erhalten. Wir rechnen damit, dass sich der Wind zunehmend abschwächen wird. "Der Rabenwald müsste auch noch gehen", meint Fritschi, als das Sinken phasenweise auf 1,5m/s zunimmt, die aktuelle Gleitzahl liegt dann nur noch bei etwa 1:28.
Auch das Anfliegen der flachen Kanten auf die vermeintliche Luvseite bringt keinen Erfolg, wir bemerken, dass wir bei einem Südostwind auf der falschen Talseite suchen. In 800mNN und über Oberfeistritz müsste ich schon 1:45 gleiten können, um nach LOGW zu gelangen - das Vorhaben ist nun völlig unrealistisch geworden, es fehlen Höhenmeter. Sofort entscheide ich mich zur Außenlandung.
Fritschi hat über der St.Ulrich Kirche einen Nullschieber und kann sich halten. "Vielleicht finden wir noch was und können uns noch einmal retten", meint er. Die bereits von Harry erprobte Oberfeistritz-Weise ist längst anvisiert, mein Fahrwerk bereits ausgefahren und verriegelt, als ich eher zur Gewissensberuhigung denn aus Überzeugung noch einen Schwenk über die St.Ulrich-Kirche probiere. Doch ich habe dort Sinken. Fritschi ist 1 km südöstlich und sucht alles ab.
Ich begebe mich in Position zur Landeeinteilung, prüfe nochmals meine Höhe und Geschwindigkeit und gehe in den rechten Gegenanflug zur Landung in Richtung eins acht. Ich dehne den Gegenanflug aus, da er eher zu knapp bei der Wiese angelegt ist und daher der Queranflug kürzer ausfallen wird. Die Fahrt geht unter 90 zurück, ich muss aufpassen! Ich korrigiere das sofort, Fahrt ist jetzt das ganze Leben! Ich drehe in den Enteil und bin leicht zu hoch. Erst jetzt fahre ich die Bremsklappen aus und prüfe den Gleitwinkel zum Aufsetzpunkt. Die Wiese ist nicht gemäht und das Gras dürfte hoch stehen. Vor der Wiese quert eine Stromleitung den Anflug und ich bleibe noch etwas höher, ein zusätzlicher leichter Slip bringt mich in die ideale Position zum Ausleiten, Nachdrücken und Abfangen. Ich schwebe in geringster Höhe über dem Gras bei Mindestfahrt aus, das Rad berührt den weichen Boden. Eine Sekunde später greifen die langen Grashalme nach den Flügeln und der Segler wird plötzlich um 70° um die Hochachse nach rechts gerissen! Reflexartig drücke ich den Knüppel in den vorderen Anschlag doch der Schwanz fällt mir trotzdem hinunter. Eine weitere Sekunde später hat die rumpelnde Querfahrt ein plötzliches Ende, ich stehe nach geschätzten 70 Metern. Ich atme durch, die Uhr zeigt 20:17. Fritschi fragt ob alles OK sei. Ich öffne die Haube und springe aus dem Cockpit und gehe sofort ums Flugzeug und prüfe Flugzeugschwanz und Fahrwerk. Es scheint alles ok zu sein - ein großes Glück. Dies war in meinen 13 Fliegerjahren meine erste Außenlandung in der Botanik.
Ich gebe Fritschi durch, dass alles ok ist und dass das Gras gut kniehoch steht und es mich deshalb eingedreht hat. Nach dieser Meldung geht mein Blick nach oben, um Fritschi zu suchen. Ich finde ihn am Beginn meines Gegenanflugs. Was mach er da? Das Fahrwerk ist ausgefahren, ebenso sein Flautenschieber. Falls es nix wird mit dem Anlassen seines Hilfsmotors, räume ich lieber schon einmal das Feld, falls Fritschi landen muss. Ich ziehe unter großer Anstrengung die DG-300 aus der Mitte an den oberen Rand der Wiese. Als ich fertig bin ist Fritschi bereits über der Stromleitung vorm Abfangen! Wie schon bei mir Greifen sich die Halme auch die Flügel des Discus bT und ihn dreht es um dieselben 70° nach rechts und der Schwanz des Discus wehrt sich in federnden Torsions- und Biegeschwingungen erfolgreich gegen den Bruch. Auch seine Schiebestrecke bleibt kurz, er steht 20m unter und hinter mir. Auch die "Mike Uniform" bleibt heil.
Ein Passant erklärt sich spontan bereit, sein Auto zu holen und uns zum nahen Flugplatz zu bringen. Harry Schallerl kommt und bringt seine Hangarschlüssel und eine Taschenlampe mit. Als wir zu dritt mit den Hängern zurück bei den Seglern ankommen, nehmen uns weitere Vereinskollegen in Empfang. Welch hilfreicher Aufmarsch zur nächtlichen Stunde!
Schnell sind die Flugzeuge in den Hängern. Der Dank kommt von Herzen und wir wünschen uns eine gute Nacht. Fritschi und ich kommen noch gut zum Flugplatz, der DG-300-Anhänger findet seinen Platz im Hangar 2. Ich öffne lieber den Anhänger, den das Flugzeug ist taunass. Nochmals prüfe ich den Rumpf, er scheint wirklich schadlos geblieben zu sein. Ich erledige noch den Papierkram und mache mich um dreiviertel Zwölf endgültig auf dem Heimweg.
Danke an Johann Haberhofer und allen Schlepppiloten, die uns immer wieder und auch spontan per Motorflugzeugschlepp in die Luft bringen!
Danke an Manfred Hödl für deine selbstlose Hilfsbereitschaft!
Danke an den freundlichen Passanten und Bekannten von Franz Darnhofer, der uns von der Wiese zum Flugplatz gebracht hat und nicht einmal einen Spriteuro annahm!
Danke an die tüchtigen Helfer bei der Außenlandewiese!
Danke an den Vorstand, der dem Streckenflug wohlwollend gegenüber steht und den Streckenflug fördert.
Danke an die vielen, vielen Stützen im Verein, besonders an jene, die die Flugzeuge flugklar halten helfen!!
Danke an Fritschi, der mich vor und im Flug mit vielen hilfreichen Infos versorgt hat und maßgeblich zum Gelingen diese Fluges beigetragen hat.
Danke an Sigrid P., beste Freundin meiner verstorbenen Gattin, die mir meinen Schatz Fabian abnimmt, damit ich Fliegen gehen kann.
Lange wird dieser Flug über 866 wertbaren Streckenkilometern eindrücklich und lebendig in Erinnerung bleiben.
Glück ab, gut Land wünscht Euch
Euer Michi Henökl